Das Grundproblem der Klima-Kompensation

Klimaschutz
Viele Firmen versprechen, Produkte klimaneutral zu machen, indem sie Emissionen kompensieren. Das ist schon aus naturwissenschaftlichen Gründen unseriös, zeigt eine neue Studie.

Zahlreiche Firmen versprechen, ihre Emissionen zu verringern oder sogar klimaneutral zu werden. Die meisten setzen dafür stark auf das sogenannte Offsetting: Sie finanzieren Projekte, die Emissionen anderswo mindern oder aber CO2 wieder aus der Atmosphäre entnehmen sollen – dies bisher in der Regel mit Hilfe von Pflanzen, etwa mit Waldschutz und Aufforstung. Auch Staaten, darunter die Schweiz, wollen einen Teil ihrer Klimaschutzziele mit solchen CO2-Entnahmen erreichen.

Seit langem wird kritisiert, dass dabei die CO2-Entnahme oft grob überschätzt und Rechte der Menschen im Projektgebiet missachtet werden. Eine von Carbon Market Watch in Auftrag gegebene Studie untermauert nun eine noch grundsätzlichere Kritik: Es ist aus naturwissenschaftlicher Sicht unzulässig, eine vorübergehende Aufnahme von CO2 in Pflanzen – oder auch seine Verpressung in Gesteine wie leere Gaslager (Carbon Capture and Storage) – gegen Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl oder Erdgas zu verrechnen. Denn diese erhöhen den CO2-Gehalt der Atmosphäre auf Dauer, er geht erst im Laufe von Jahrtausenden wieder zurück. Nach der Speicherung in Pflanzen oder der Verpressung wird das Treibhausgas aber nach einigen Jahrzehnten bis wenigen Jahrhunderten allmählich wieder freigesetzt.

Die Erderhitzung nur ein bisschen verzögern

Die Schlussfolgerungen sind klar und brisant: Wird solche temporäre Speicherung von Kohlenstoff als Ersatz für Emissionsminderungen verwendet, dann führt sie zu einem verzögerten, aber zusätzlichen Anstieg der Erdtemperatur. Nur als Ergänzung zur Verringerung der Emissionen auf null kann sie zu Klimaschutz beitragen – und auch das nur, wenn das CO2 mindestens so lange temporär gebunden bleibt, bis die Emissionen stark gesunken sind.
Das Papier seziert die Methoden und Annahmen für das Offsetting; das ist harte Lesekost, aber ein wichtiger Augenöffner. So wird gezeigt, dass die Verrechnung von emittiertem mit gespeichertem CO2 meist auf fragwürdigen ökonomischen Kalkülen beruht: Es wird unterstellt, dass künftige Vermögen und damit auch künftige Schäden weniger wert sind als heutige, so dass es rational erscheint, größere Klimaschäden in Zukunft den etwas kleineren heute vorzuziehen. 

Carbon Market Watch untermauert mit der Studie eine überzeugende Forderung: Man darf Staaten nicht erlauben, sich Kohlenstoffbindung, etwa mit Waldschutz, als Emissionsminderung anzurechnen. Und man darf Zertifikate für solche Projekte nicht auf Märkten für Emissionsrechte zulassen. Temporäre Kohlenstoffbindung ist nötig, muss aber anders finanziert werden.

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